Heike Weber ist eine Meisterin des Filigranen, die dennoch das Monumentale nicht aus den Augen verliert. Aus Haarnetzen organisierte sie vor einigen Jahren ein großflächiges Gebilde, das in Form und verdichtet geschichteter Konsistenz an eine Kumuluswolke erinnerte. Aus der Beschäftigung mit dieser amorphen Wolkenform führten zwei Wege zu anderen Gestaltungsformen – Heike Weber beschritt sie beide. Am Ende des einen Weges winkte eine figurative Wiedergabe von Eindrücken aus der realen Welt oder aus dem Wissen um die Werke der bildenden Kunst, das andere Ziel markierte eine kühle, seriell orientierte Abstraktion mit einer starken Tendenz zu einem faszinierenden ornamentalen „all-over“. Die Entscheidung, beide Wege zu beschreiten, führte einerseits zu poetisch verträumten, gleichwohl raumfüllenden „Wandzeichnungen“ aus Wäscheleinen, die auf Nadeln aufgespießt sind, andererseits zu ornamentalen und zugleich den Fußboden anamorphotisch verstreckenden flächenhaften Gestaltungen.

Wenn Heike Weber nun für das Museum Morsbroich eine groß dimensionierte Bodenzeichnung mit dem Titel barocco realisiert, so lässt sich dies als ein Tertium verstehen, als eine Gestaltung, die zwischen Figuration und Abstraktion vermittelt, zugleich aber auch als etwas ganz eigenständiges mit neuer Zielvorgabe. „Die Zeichnung wird aus einem Teppichboden-Cutout bestehen. Diese knäuelähnliche Netzzeichnung wird eine Korrespondenz mit der Architektur und vor allem dem Kachelboden eingehen“, erklärt die Künstlerin und fährt fort: „Die Arbeit ‚lebt‘ zwischen Gebrauchsgegenstand, Zeichnung, Ornament und Skulptur, die den Raum definiert.“ In seinem Roman Ein Porträt des Künstlers als junger Mann lässt James Joyce seinen Protagonisten Steven Dedalus formulieren: „Kunst […] ist das dem Menschen eigene Arrangement sensibler oder intelligibler Materie, auf einen ästhetischen Zweck hin ausgerichtet.“ In diesem Sinne ist das, was Heike Weber formt, Kunst, eine Kunst, die vom Einzelelement ausgeht und den Raum überspannt.

An der Realisierung dieser komplexen Raumzeichnungsinstallation waren viele beteiligt, – ihnen allen gilt: Vielen Dank. Herzlich zu danken haben wir Heike Weber und ihrem Team, die dieses Vorhaben ebenso mit Elan wie mit Sorgfalt im Detail vorangetrieben haben, sodann den Autoren des Kataloges Martin Engler und Thomas August Gmeinder. Besonders zu Dank verbunden sind wir dem Ministerium für Städtebau und Wohnen, Kultur und Sport des Landes NRW, das dieses Projekt ermöglicht hat, und der Bayer AG sowie der Firma Vorwerk für ihre großzügige Unterstützung.

Gerhard Finckh