Peter Joch, 2012

Heike Weber spielt mit der Auflösung von Materie und überzieht den Raum mit flüchtigen 'entleerten' ornamentalen Mustern. So präsentiert sie in ihrer Serie "kilim" aus weißen Silikon-Fäden geflochtene großflächige Orienttep­piche. Die Teppiche lassen den Untergrund offen durchscheinen. Sie wir­ken wie ein flüchtiges Netz, wie eine Vision, wie eine schemenhafte Erinnerung. Die schwerelosen, wie schwebend wirkenden Gewebe erinnern an die uralten Märchen vom "Fliegenden Teppich". Sie charakterisieren Kunst als Medium des Märchenhaften, des Immateriellen, des Gedanklichen, das sich von der Welt der Körper löst und jede alltägliche Funktionalität aufhebt: So wird aus dem gewöhnlicherweise wärmenden und schützenden Einrichtungsgegenstand Teppich eine 'unnütze', offene Struktur, die auch dem üblichen Verwendungszweck des profanen Abdichtungsmaterials Silikon anschaulich widerspricht. Die Teppiche fordern auch einen freien Blick auf 'fremde' Kulturkreise: Mit den buchstäblich entleerten Teppichen, die aus labyrinthischen, verwirrenden Ornamentfolgen bestehen, ironisiert Heike Weber hintergründig substanzlose, allzu bekannte Klischees von der Welt des Orients. Schließlich inszenieren die Teppiche auch eine Verquickung der künstlerischen Gattungen. Bei Heike Weber heißt es: "Ich nehme einen Gebrauchsgegenstand, überführe ihn in eine räumliche Zeichnung, und damit wird er zur Skulptur".Als großflächiger, prinzipiell unbenutzbarer Teppich sperrt diese Skulptur den Raum für einen Besucher komplett ab, zeigt eine unüberwindliche Präsenz. Gleichzeitig symbolisiert sie den leeren Raum oder das Verschwinden der Dinge.

Heike Weber: 1962 in Siegen geboren, lebt und arbeitet in Köln. Ausstellungen: u.a. MMKK, Museum Moderne Kunst Kärnten, Klagenfurt; Goethe Institut Prag (Kurator: Stephan Berg), Goethe Institut, Toronto; 300 Jahre Dorotheum, Wien (mit Erwin Wurm, Peter Kogler und Lynne Cohen)